Bier können. Auch anders.
Neue Lokalbrauerei im Rems-Murr-Kreis eröffnet
Quelle: https://mahlzeit.city/news/neue-lokalbrauerei-im-rems-murr-kreis-eroeffnet

Bilder: Edgar Layher
Der Craft-Bier-Boom und kein Ende: In Weissach im Tal ist am Wochenende eine Lokalbrauerei eröffnet worden. Angefangen hat alles mit Thermokocher-Experimenten im Keller des Wohnhauses von Günter Huber. Sein Sohn erfüllt sich jetzt einen Traum.
In den großen Stahlbehältern im Sudhaus blubbern Malz, Hopfen und Wasser vor sich hin. Pro Tag können in dem aufwendigen Verfahren aus Erhitzen und Abkühlen in einer Art Bier-Whirlpools zwei Sude mit je 500 Litern hergestellt werden, die anschließend zusammen mit Hefe gären und den im Sud enthaltenen Zucker in Alkohol umwandeln. In selbst etikettierten Flaschen warten längst etliche Liter auf ihre Abnehmer. Am Wochenende aber hat der Braumeister Andreas Huber im Rahmen eines Eröffnungsfestes symbolisch die erste Abfüllung im Weissacher Tälesbräu vorgenommen – und danach 50 Liter Freibier ausgeschenkt.
Mit der eigenen Brauerei erfüllt Andreas Huber nicht nur sich einen Traum. Denn eigentlich ist es Vater Günter gewesen, der ihn einst angefixt hat. Schon in den 1990er Jahren unternahm der studierte Maschinenbauer im Keller des Elternhauses mithilfe von einfachen Thermostatkochern immer wieder Versuche im Bierbrauen für den eigenen Gebrauch.

Die Gärtanks in der neuen Lokalbrauerei
Seinen Sohn Andreas hat das offenkundig so fasziniert, dass er irgendwann beschloss, sich auch beruflich mit dem Brauen beschäftigen zu wollen. Nach einer Mechanikerlehre holte er das Abitur nach und schrieb sich für das Studium von Brauwesen und Getränketechnologie an der Technischen Universität München in Weihenstephan ein. Seinen Bachelor hat er längst in der Tasche, die Masterarbeit will er in den nächsten Wochen „in ein paar Nachtschichten“ fertig machen. Das Thema – sehr vereinfacht ausgedrückt– ist die Verbesserung der Hopfenausbeute beim Brauen.
Doch die akademische Karriere ist seit der Weihnachtszeit im Jahr 2015 fast schon ein wenig zur Nebensache geworden. Damals reifte aus der Idee, in einem der Gebäude auf dem Gelände der schon vor Jahren insolvent gegangenen Tonwarenfabrik Rombold in Hubers Heimatort Weissach im Tal eine Lokalbrauerei aufzumachen, ein konkreter Plan. Die Hubers machten sich im Internet über die Preise von Brauanlagen schlau, sprachen mit dem Bürgermeister der Gemeinde, erstellten einen Businessplan und machten damit bei der Kreditabteilung einer örtlichen Bank Eindruck. Bis zum März 2017 dauerte es dann, bis Andreas Huber den Kaufvertrag für das Grundstück nebst dem Gebäude, das früher eine Schmiede und dann die Schlosserei der Tonwarenfabrik beherbergte, unterschrieben in den Händen hielt.

Das Gelände rund den Schornstein der ehemaligen Tonwarenfabrik
Einen Monat später rückten die Handwerker an – die sich schließlich mehr Gebäudeteile vornahmen, als ursprünglich geplant. „Die Sache hat sich ein bisschen ausgewachsen“, räumt Huber ein. Nun ist über dem Sudhaus auch noch ein Bräustüble eingerichtet worden, an dem an drei Abenden in der Woche sowie am Wochenende eigenes Bier ausgeschenkt und ein bodenständiges Speisenangebot gemacht wird. Im Frühjahr soll dann noch eine Freiluftgastronomie hinzukommen. Unter dem teilweise erhaltenen Fabrikkamin wird ein Biergarten eröffnet.
Natürlich wird Andreas Huber wie nahezu seine gesamte Familie auch hinter dem Zapfhahn stehen, dennoch will er sich vornehmlich um die Herstellung seiner Biere kümmern. Neben den Standardsorten „Weissacher Woiza“ und dem hellen „Schnätterle“ will der 28-jährige Braumeister als Spezialitäten saisonale Biere ansetzen. Aktuell abgefüllt ist die Weissacher Heimat, ein India Pale Ale mit intensiven Hopfennoten. Aber auch limitierte Raritäten kann man in Auftrag geben. Wie etwa die evangelische Gemeinde, für deren dreitägige Veranstaltung Andreas Huber im Lutherjahr den „Reformator“ kreiert hat. Eigentlich war ein historisch entsprechendes dünnes Rauchbier angedacht. Am Ende ist es ein naturtrüber Doppelbock geworden. Die zwischenzeitliche Sorge, dass das Gebräu nicht genügend Abnehmer finden würde, war übrigens völlig unbegründet. Schon nach dem ersten Abend war die Hälfte der Charge ausgetrunken.
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